Brasilien: Petrobras legt Berufung gegen Bohrverbot in der Nähe der Amazonasmündung ein

Die geplanten Bohrungen von Petrobras könnten das Verhältnis zwischen Präsident Lula und seiner Umweltministerin Marina Silva erneut entzweien. Foto: Reproduktion/YouTube.

Der staatliche brasilianische Ölkonzern Petrobras wird nächste Woche gegen die Entscheidung der Umweltaufsichtsbehörde Ibama Berufung einlegen, die ihm das Bohren einer Ölquelle in der Nähe des Amazonas untersagt, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Die geplante Bohrstelle liegt 175 km von der Küste und rund 500 km von der Mündung des grössten Flusses von Südamerika in den Ozean entfernt.

Der Streit stellt eine frühe Bewährungsprobe für den linken Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva dar, der in einer Zeit knapper Staatsfinanzen versucht, den Schutz der Umwelt mit seinem Wahlversprechen in Einklang zu bringen, die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens zu stimulieren.

Petrobras sagt in einer Presseerklärung, dass die installierten Bohreinrichtungen tägliche Kosten von gut einer halben Million US-Dollar aufwerfen und drängt deshalb auf eine baldige Revision des Verbots.

Anfang der Woche hatte Ibama angekündigt, dass es den Antrag von Petrobras blockieren werde, an der umweltsensiblen Stelle in der Amazonasmündung in der Nähe des Bundesstaates Amapa zu bohren. Die lang erwartete Entscheidung folgte einer technischen Empfehlung von Experten der Regulierungsbehörde, das Projekt abzulehnen.

In dem technischen Bericht wurden Unstimmigkeiten in Umweltstudien sowie unzureichende Massnahmen für die Konsultation der indigenen Gemeinschaften und den Schutz der Tierwelt der Region angeführt.

In der Einreichung sagte Petrobras, dass es alle Lizenzanforderungen „strikt eingehalten“ habe.

Die Entscheidung von Ibama, die der Umweltministerin und früheren Umweltaktivistin Marina Silva untersteht, hat einige Minister innerhalb der Regierungskoalition verärgert, darunter den Minister für Bergbau und Energie, Alexandre Silveira.

Sollte Lula entscheiden, Petrobras grünes Licht für die Bohrungen zu erteilen, wäre dies eine harte Brüskierung seiner Umweltministerin–allerdings nicht die erste. Nach mehr als einem Jahrzehnt der politischen und persönlichen Entfremdung trafen sich nämlich Lula und Marina im Wahlkampf 2022 wieder. Im Jahr 2008 hatte Marina die Regierung und später die Arbeiterpartei verlassen, nachdem die Meinungsverschiedenheiten mit Lula über Umweltfragen unüberbrückbar geworden waren. Im Jahr 2022, als sie sich wieder näher kamen, stimmte der Präsidentschaftskandidat zu, eine Reihe von Marinas Umweltvorschlägen in das Regierungsprogramm aufzunehmen.

Wegen Lulas Abwesenheit–er nimmt als eingeladener Gast am G7-Gipfel in Japan teil–musste sich Vizepräsident Geraldo Alckmin vorläufig um den Zwist in der Regierung kümmern. Er traf sich gestern zu diesem Zweck separat mit dem Minister für Bergbau und Energie und der Umweltministerin.

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